Historie

Die folgenden Texte stammen aus dem Jubiläumsbuch (Mai 1984) zum 50 jährigen Bestehen der Tischtennis - Abteilung.

Die Gründerjahre der Tischtennis-Abteilung

Gründer, so glaubt man allgemein, haben eine feste Vorstellung von der Verwirklichung ihrer Ziele. Das zumindest ist der Eindruck, den man beim Lesen mancher Chronik gewinnt. - Sehr viel realistischer ist jedoch die Behauptung, dass Gründer so gut wie nie in der Geburtsstunde eines Vereins oder einer Abteilung einen Chronisten in ihren Vorstand wählen. So ist man zumeist auf nachträgliche Schilderungen Beteiligter angewiesen.

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Es muss als Glücksfall betrachtet werden, wenn anlässlich eines 50jährigen Bestehens einer Abteilung, ein Gründungsmitglied zu Wort kommen kann. Klemens Reinartz, aktiver Spieler der Borussia, weiss nicht nur über die Abteilungsgründung zu berichten, sondern erinnert sich auch der Ursprünge des Tischtennisspiels in Brand:

„Ende der zwanziger Jahre wurden erstmals in einigen kinderreichen Familien die Ausziehtische in den Küchen zum "Ping-Pong"-Spiel benutzt. Die Schläger waren meistens Marke Eigenbau. Hier muss die Familie Kerres erwähnt werden, die in einem grossen Mehrfamilienhaus in der oberen Ringstraße Parterre wohnte. Es wurden dort regelrechte Ranglistenturniere in der Küche ausgetragen."

Erste Organisationsformen lassen sich wenige Jahre später erkennen: „1932 war es dann soweit, dass auf Initiative von Kornel Kerres der Tischtennisclub Blau-Weiß Brand gegründet wurde. Es waren etwa 15 junge Spieler zwischen 14 und 20 Jahren, die sich dem Verein bei der Gründung anschlossen. Als Vereinslokal konnte die Gastwirtschaft Ziemons (jetzt Ellerhof) gewonnen werden. Als Vorsitzender, Organisator und Übungsleiter in einer Person fungierte der Sportkamerad Kornel Kerres. Der Verein war ordnungsgemäß beim damaligen Tischtennisverband angemeldet und führte 1932 ein so genanntes Gründungsturnier durch, mit der Teilnahme der zu dieser Zeit stärksten Spieler aus dem Bezirk Aachen. Zum Spielbetrieb sei gesagt, dass zwei Tischtennisplatten zur Verfügung standen und nach kurzer Anlaufzeit zwei Mannschaften gemeldet werden konnten."

Der Club bestand jedoch nur bis 1934. Schwierigkeiten, ein Spiellokal zu bekommen, waren die Hauptursache. Im gleichen Jahr trat man an den Vorstand von Borussia 08 Brand heran, um in diesem Verein weitermachen zu können. Da die meisten Tischtennisspieler auch Mitglieder der Fußballabteilung von Borussia waren, konnte schnell eine Einigung erzielt werden. Klemens Reinartz erinnert sich: „Somit wurde aus dem Tischtennisclub Blau- Weiß Brand die Tischtennis-Abteilung Borussia 08 Brand ins Leben gerufen. Eine Tischtennisplatte wurde vom Tischtennisclub Blau-Weiß übernommen und der Spielbetrieb im Vereinslokal der Borussia, Hotel Bongenberg (heute Brander Stier) ohne längere Unterbrechung aufgenommen mit folgenden Spielern:
Adam Bock, Felix Dericum, Ludwig Engels, Ernst Heinrichs, Klaus Korr, Klemens Reinartz, Hubert Schüller, Karl Thiel, Hubert Von Wirth und Willi Wynands.

Das Spielprogramm war in den ersten Jahren sehr klein, da es im Aachener Raum, bedingt durch das Verbot der DJK-Vereine im Dritten Reich, nur noch wenige Tischtennisvereine gab."

Zu diesen Schwierigkeiten kamen andere, die sich in der heutigen Zeit fast schon seltsam anhören: „Im Winter mussten die Tischtennisspieler für die Beheizung des Spielraumes selbst sorgen und so brachten sie Holz, Briketts oder Kohle zu den Trainingsabenden mit."

Der 2. Weltkrieg beendete schlagartig jeden Spielbetrieb.


Die Nachkriegszeit — Ein Neuanfang —

Der lange und schreckliche Krieg hatte in allen Lebensbereichen schlimmste Folgen. Er hatte viele Menschenopfer gefordert und ein Neubeginn unter den vorliegenden Verhältnissen scheint aus heutiger Sicht fast unmöglich. So war es überall im Sport, auch bei der Borussia. Vier Tischtenniskameraden waren im Krieg gefallen und einige waren noch in Kriegsgefangenschaft, als man sich Ende 1945 wieder zusammenfand. 1946 konnte in der Gastwirtschaft Laufs eine vorläufige Spielmöglichkeit gefunden werden. Die Tischtennisplatte war selber angefertigt (vermutlich würden verwöhnte Spieler der 80er Jahre es ablehnen, an einer solchen Platte zu spielen), Schläger waren eine Kostbarkeit und nur im Tauschhandel zu erhalten, Bälle noch keine Wegwerfprodukte. Eingedrückte Bälle wurden in heissem Wasser "ausgebeult" so oft es ging.
Im gleichen Jahr wurden erste Freundschaftsspiele mit folgender Ma
nnschaft ausgetragen:
Kurt Hermanns, Hubert Mohr, Klaus Korr, Paul Vinken, Max Müller, Kurt Klug und Friedel Jansen.

Kurt Hermanns wurde der erste Nachkriegsabteilungsleiter. Unter seiner Leitung nahmen die Borussen 1947 wieder an einer Meisterschaftssaison teil. Der Kontakt zu den benachbarten Vereinen, Adler Büsbach, Frisch-Froh Stolberg, DJK Münsterbusch und SV Eilendorf wurde hergestellt und in vielen Freundschaftsspielen fester geknüpft. Die Gaststätte Salber in Freund wurde neues Spiellokal. Das Spieljahr 1948/49 verlief recht erfolgreich. Die 1. Mannschaft stand nach Abschluss der Meisterschaftsspiele mit Schwarz-Rot Aachen punktgleich an der Tabellenspitze. Das erforderliche Entscheidungsspiel um den Aufstieg in die Bezirksklasse wurde gegen Schwarz-Rot mit 4 :5 verloren. In einer Qualifikationsrunde wurde aber dann doch noch der Aufstieg mit folgender Mannschaft erreicht:
Kurt Hermanns, Hubert Mohr, Klemens Reinartz, Leo Geilen, Max Müller, Bruno Brammertz und Kurt Klug.

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Eine Borussen-Mannschaft aus den frühen 50er Jahren. V.l.n.r: W. Löhrer, K. Moll, K. Klug, H. Offermann, W. Souquet, K. Arnold

In der Saison 1949/50 ging es aufwärts, eine 2. Mannschaft wurde gebildet und einige talentierte Jugendliche fanden schnell Anschluss an die Spielstärke der 1. Mannschaft. Dem neuen Abteilungsleiter Bruno Brammertz stand für die Sonntagsspiele seiner Bezirksklassenmannschaft und einem zusätzlichen Trainingsabend, die Turnhalle der Schule Marktstraße zur Verfügung. Zwei Jahre spielte die 1. Mannschaft in der Bezirksklasse; die sportlichen Ziele wurden erreicht, aber als eine neue Bezirksklasseneinteilung vorgenommen wurde, waren die Beförderungsprobleme nicht mehr zu lösen.

Lassen wir noch einmal den Senior Klemens Reinartz zu Wort kommen, in dem er die Reise zu einem auswärtigen Meisterschaftsspiel schildert: „Spiel in Scherpenseel am Sonntag um 10.00 Uhr. Abfahrt von Brand mit der Strassenbahn um 6.30 Uhr bis Aachen-Hauptbahnhof. Von dort bis Palenberg mit dem Zug. Von Palenberg bis nach Scherpenseel mit dem Postbus und zum Spiellokal dann noch einmal ein Fussweg von 15 Minuten. Spielende gegen 13.30 Uhr. Da der nächste Bus nach Palenberg erst gegen 17.00 Uhr fuhr, wurde die Rückreise mit einem etwa zweistündigen Fussmarsch begonnen. In Palenberg dann 1 1/2 Stunden Wartezeit auf einen Zug nach Aachen. Ankunft in Brand am frühen Abend." Im Einverständnis mit dem Vereinsvorstand und dem Verband wurde die erste Mannschaft in die 1. Kreisklasse zurückgestuft.

1952 wurde dann Klemens Reinartz neuer Abteilungsleiter. Die Schwierigkeiten mit der Turnhalle Marktstraße wurden immer grösser. Infolge der vielen Karnevalsveranstaltungen, die hier abgehalten werden mussten, waren von Januar bis März keine Spielmöglichkeiten mehr gegeben. Die Vereinswirtin Frau Therese Bremen bot ihr Sälchen für die vom Ausfall bedrohten Spiele an. Später wechselte die ganze Abteilung zum Lokal Bremen und fühlte sich bei der von allen geachteten Vereinswirtin sehr wohl, trotz der grossen Enge, die leider nur das Aufstellen einer Platte ermöglichte. Tische und Stühle mussten vor jeder Benutzung aus- und später wieder eingeräumt werden (eine Verrichtung, die manchem von "Rollomaten" verwöhnten heutigen Spieler unverständlich sein wird). War es die Atmosphäre des Vereinslokals oder der Wille jedes einzelnen Abteilungsmitgliedes aus der Not (Enge der Spielmöglichkeit) eine Tugend (echte Kameradschaft) zu machen oder war es beides zusammen? Der Grundstein zu dem, was die Geselligkeit der Abteilung auch heute noch ausmacht, ist vielleicht damals gelegt worden.

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Die 1. Mannschaft aus den frühen 50er Jahren. V.l.n.r.: K. Reinartz, W. Ortmanns, K. Mans, H. Wiesner. H. Müller, K. Hermanns

Dass die Abteilung mittlerweile ihre Anerkennung im Tischtenniskreis Aachen gefunden hatte, kann man daran ablesen, dass ihr in dieser Zeit zweimal, nämlich 1951 und 1955, die Ausrichtung der Kreiseinzelmeisterschaften übertragen wurde. Diese Veranstaltungen, erstmals in Brand in der Turnhalle Marktstraße ausgetragen, wurde für die Tischtennisabteilung ein sportlich wie organisatorisch grosser Erfolg.

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Die erfolgreiche Borussen-Mannschaft bei der BranderOrtsmeisterschaft von 1959. V.l.n.r.: B. Brammertz, K. Reinartz, H. Müller, W.Ortmanns, K. Mans, R. Peter.

Ein neuer Abschnitt in der Abteilungsgeschichte war Ende 1958 der Einzug in das neue vereinseigene Sportlerheim (das jetzige Erich Kelmes-Heim). Hier konnte wieder an zwei Platten gespielt werden und es standen Umkleide- und Duschraum zur Verfügung.

Aus dem Jahre 1959 sei erwähnt, dass sich die Tischtennis-Abteilung der Borussia mit einer starken Abordnung an dem Turnier um die Brander Ortsmeisterschaft beteiligte. Das Turnier, zu dem jeder Brander Bürger unabhängig von einer Vereinszugehörigkeit startberechtigt war, verlief für die Borussenspieler sehr erfolgreich. In der Seniorenklasse war Walter Ortmanns an diesem Tag nicht zu schlagen. Im Endspiel schlug er den Favoriten Klemens Reinartz nach hartem Kampf und wurde Brander Ortsmeister.

Der Aufwind in dem sich die Abteilung personell und sportlich befand, hielt bis 1962 an. Zweimal wurde erfolgreich in der 1. Kreisklasse abgeschnitten, aber jedesmal knapp der Aufstieg verpasst. Als dann zwei Spieler aus beruflichen Gründen die Abteilung verliessen und zwei weitere Spieler zu einem anderen Verein gingen, weil sie nicht mehr an eine Chance zum Aufstieg glaubten, sah sich der Abteilungsleiter Klemens Reinartz vor die schwierigste Aufgabe seiner ganzen Amtszeit gestellt. Er tat das einzig richtige, er setzte auf die blutjungen Spieler seiner Abteilung. So tauchen zum erstenmal Namen auf, die heute die Geschicke der Abteilung lenken und massgeblich an der Entwicklung sportlich wie organisatorisch beteiligt waren und sind:
Robert Franke, Horst Schumacher, Rainer Peters und kurze Zeit später Hubert Koch.

Die zweite Mannschaft musste zwar (vorläufig) aufgegeben werden, aber die gute Kameradschaft und der enorme Kampfgeist waren der Grundstein für den erhofften, aber kaum für möglich gehaltenen Klassenerhalt.

In den darauffolgenden Jahren steigerten sich die jungen Spieler erheblich. "Vater" Reinartz, Kurt Mans und die "Brander Jungs" wurden ein Team das neue Ziele anpeilen konnte.

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Der ,,Vater" der Abteilung inmitten seiner ,,Kinder". Obere Reihe v.l.n.r.: Hubert Koch, Klemens Reinartz, Rainer Peters. Untere Reihe v.l.n.r.: Kurt Mans, Horst Schumacher, Robert Franke

Das Jahr 1969 brachte einen entscheidenden Impuls zur Aufwärtsentwicklung der Tischtennis-Abteilung. Nachdem das jahrelange Bemühen um Zuweisung von Übungsstunden in einer Brander Turnhalle vergeblich gewesen war, entschloss man sich in der Vereinsführung zur Selbsthilfe. Durch den Verzicht anderer Abteilungen des Vereins auf ihnen zugewiesene Übungsstunden konnte schliesslich der Umzug in die Turnhalle Karl-Kuck-Straße vonstatten gehen. Diese solidarische Tat sei hier nochmals ausdrücklich erwähnt. Die Voraussetzungen für eine positive Entwicklung in den folgenden Jahren waren geschaffen. Endlich konnte man daran gehen, Jugendarbeit in grösserem Stile zu betreiben. Erste Erfolge auf diesem Gebiet liessen nicht lange auf sich warten.

Aber auch der Spielbetrieb im Seniorenbereich konnte schon nach kurzer Zeit auf breitere Füsse gestellt werden. Der Abteilung war schon lange der Ruf vorangeeilt, eine zwar kleine, aber intakte Truppe mit viel Sinn für gemeinsame Unternehmungen zu sein. Nach der Schaffung guter Spielmöglichkeiten war es daher nicht verwunderlich, dass innerhalb kurzer Zeit einige starke Spieler mit gleichgelagerten Interessen zur Borussia kamen. Der damalige Abteilungsleiter Hubert Koch verstand es hervorragend, auch bei schnell anwachsender Mitgliederzahl das Gleichgewicht zwischen sportlichem Tun und Pflege der Kameradschaft beizubehalten.

Als sportliches Ziel wurde nach jahrelangem Abstiegskampf in der Kreisliga zunächst der mögliche Aufstieg in die Bezirksklasse gesetzt. Schon 1970 schien dieses Ziel durch Verstärkungen wie Harald Palm, Josef Mohren und Karl Herff durchaus erreichbar. Jedoch wurde die Mannschaft ebenso wie im darauffolgenden Jahr im Endspurt jeweils noch knapp abgefangen. Der überragende Borussen- Spieler Harald Palm suchte nach diesen Enttäuschungen verständlicherweise sein Weiterkommen in der Verbandsliga. Wolfram Czarnojan, Walter Quadflieg aber auch das "Eigengewächs" Helmut Wetten verstärkten die 1. Mannschaft wieder. Der Aufstieg schien in jedem der 3 folgenden Jahre greifbar nahe, doch selbst nach zeitweilig klarer Führung wurde man unverständlicherweise gegen Ende der Saison immer wieder nervös und verspielte noch die sicher geglaubte Meisterschaft. Erfreulicherweise tat dies dem guten Kameradschaftsgeist innerhalb der Abteilung keinen Abbruch.

Die Situation stellte sich in der 2. Hälfte der 70 er Jahre folgendermassen dar:

Die Abteilung gehörte zahlenmässig inzwischen mit zu den grössten des Kreises Aachen; denn immerhin nahmen zeitweise 5 Herrenmannschaften und 4 Jugendmannschaften am Spielbetrieb teil. Der Kameradschaftsgeist war hervorragend, die äusseren Spielbedingungen gut. Es war an der Zeit, den mehrfach verpassten sportlichen Aufstieg der Abteilung nachzuholen.

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Spielplakat von 1948